Es wird immer herbstlicher, die ersten sternklaren Nächte werden schon richtig kalt, die meisten einjährigen Pflanzen verwelken langsam. Nun solltest Du Deine Wintervorbereitungen auf dem Balkon treffen und Deine Pflanzen vor Frostschäden schützen. Ich achte in der Übergangszeit immer besonders auf den Wetterbericht, um mitzubekommen, wenn für meine Region Frost vorhergesagt wird. Ist nur eine Frost-Nacht angesagt, schütze ich die Pflanzen mit Zeitungen, Kartonage bzw. Luftpolsterfolie oder Vlies und lasse sie noch weiter auf dem Balkon stehen, bis sich eine längere Frostperiode ankündigt. Die Lichtverhältnisse draußen sind immer besser als die Lichtverhältnisse im Winterquartier. Sicherheitshalber hält man jetzt in der beginnenden Übergangszeit als Wintervorbereitungen auf dem Balkon einfach ein Wintervlies parat, welches Ihr bei Frostwarnung über die empfindlichen Pflanzen werft.
1. Der passende Standort
Nicht alle Pflanzen benötigen im Winter die gleichen Bedingungen. Welche Bedingungen eine Pflanze für die Überwinterung benötigt, lässt sich am leichtesten von ihrer Ursprungsregion ableiten. Einheimische Wildpflanzen und Kräuter sind auf die hiesigen Wetterbedingungen angepasst, diese können auf dem Balkon verbleiben. Dies ist ein riesiger Vorteil der einheimischen Wildpflanzen und Kräuter. Ausserdem sind sie Lebensgrundlage für unsere Insekten einschliesslich der Schmetterlinge in deren gesamtem Lebenszyklus. Wir tun damit viel für die Artenvielfalt.
Gerade unsere heimischen Kräuter wie Bärlauch, Petersilie, Oregano, Thymian, Pfefferminze, Schnittlauch, Bergbohnenkraut, Liebstöckel, Zitronenmelisse, Ysop vertragen Temperaturen von bis zu -15 ˚C und können entsprechend auf dem Balkon überwintern.
Mediterrane Kräuter wie zum Beispiel Rosmarin (wovon es schon frostharte Züchtungen gibt, aber Rosmarin-Jungpflanzen sollten im ersten Winter noch geschützt werden), Lorbeer, Stevia oder Ananassalbei vertragen keinen Frost. Sie mögen im Winter am liebsten eine Temperatur zwischen 5 – 10 ˚C. Immergrüne Pflanzen benötigen einen hellen Platz wie zum Beispiel im Treppenhaus/Wintergarten oder im kältesten Raum Deiner Wohnung z.B. im Schlafzimmer. Alle Pflanzen die ihre Blätter verlieren bevorzugen ein dunkles Winterquartier.
Wenn ich mir Kräuter kaufe, habe ich immer die Frostfestigkeit der Pflanze im Blick und denke schon beim Kauf daran, ob sie draussen auf dem Balkon überwintern kann. Der Platz im Winterquartier ist begrenzt, Umsetzen ins Winterquartier braucht Zeit, jedes Frühjahr Kräuter nachkaufen scheidet aus. Also ist es am günstigsten, beim Kauf gleich einheimische Kräuter bzw. frostharte Züchtungen zu kaufen. Unsere Insekten mögen lieber die einheimischen Pflanzen. Zudem ist deren Frosthärte ein grosser Vorteil. Unsere einheimischen Wildkräuter haben die besten Chancen über den Winter zu kommen, auch im Balkonkasten, auch ohne diesen abzuhängen. Ob es sich um einheimische Pflanzen handelt, kannst Du leicht über die Pflanzensuchmaschine NaturaDB prüfen.
Am günstigsten ist es trotzdem – zum Schutz vor Wind und zu rascher Abkühlung – alle Pflanzen möglichst geschützt zu stellen. Dafür werden die Töpfe und Gefäße nah an die wärmende Hauswand gestellt, möglichst in eine windgeschützte Ecke. Balkonkästen von der Brüstung abnehmen und entsprechend verpackt auf den Boden stellen. An dieser Stelle die Erfahrung, auf geschützten Balkonen, in Städten, in gemäßigten Lagen und Wintern gibt es gute Erfolge, die Pflanzgefäße der frostharten Pflanzen an Ort und Stelle zu belassen. Auf manchen übervollen Balkons ist ein Verrücken aus Platzgründen auch nicht mehr möglich. Die Pflanzen überleben den Winter, da liegen durchaus gute Erfahrungen vor.
Die mehrjährigen Nutzpflanzen wie Paprika, Chilli und Physalis können gut im kühlen Treppenhaus bzw. Schlafzimmer oder im Keller überwintern. Ebenso Fuchsien-, Duftpelargonien– oder Geranien. Leicht zurückschneiden, leicht giessen. Hier liest Du zur Überwinterung vom Strauch-Basilikum als Stecklinge oder der gesamte Topf an einem hellen Standort.
2 . Vor Austrocknung schützen
Alle Pflanzen benötigen auch im Winter ein wenig Wasser.
Pflanzen, die im Haus überwintern, sollten leicht feucht gehalten werden. Die richtige Balance ist dabei wichtig: zu wenig Wasser lässt die Pflanze austrocknen, zu viel Wasser schwächt die Pflanzen, lockt Fliegen und Blattläuse an, kann zu Schimmel führen.
Aber auch die Pflanzen, welche auf dem Balkon überwintern, benötigen Feuchtigkeit. Sobald sich die Blätter im Winter erwärmen, setzt der Stoffwechsel ein. Ist dann aber die Erde zu trocken, vertrocknet die Pflanze. Oftmals vertrocknen Pflanzen eher über den Winter, als dass sie erfrieren. Dieser Fakt ist nicht so bekannt. Deshalb sollte vor längeren Frostperioden ausgiebig gewässert werden. Auch wenn es während des Winters zwischenzeitlich zu Plusgraden kommt, hilft ein Nachwässern der Pflanzen vor Schäden.
Achtet darauf, dass das überschüssige Wasser aus dem Pflanzgefäß vollständig abfließt, sonst kann die Staunässe beim Gefrieren zum Platzen der Gefäße führen. Unbedingt beachten, wenn Ihr Balkonkästen mit Wasserreservoire nutzt – vor Frostperioden das Wasser entleeren! Ich selbst mache es nicht, bisher ist nichts passiert, fülle aber die Wasserreservoire im Winter nicht mehr voll.
3. Frostschutz für die Wurzeln
Um Pflanzen vor dem Durchfrieren zu schützen, hilft ein dicker Mantel als Schutz vor der Kälte. Für Pflanzgefäße eignen sich dafür sehr gut Vlies und Jutesäcke, die mit Laub gefüllt sind. Aber auch Bastmatten oder Verpackungsmaterial wie Luftpolsterfolie und Kartonage kann verwendet werden. Wichtig ist dabei, den Pflanzbehälter rundherum sorgfältig einzupacken.
Von oben sollte die Erde ebenfalls vor der Kälte geschützt werden. Dazu eignet sich eine Schicht aus Laub oder Matten aus Kokosgeflecht, da so die Kälte abgehalten wird und trotzdem Luft an die Erdoberfläche gelangt. Unter der Abdeckung soll es nicht anfangen zu faulen, deshalb muss Luft herankommen. Bewährt ist auch das Abdecken der Oberfläche mit Reisig.
Neben dem Mantel benötigen die Pflanzen auch warme Winterstiefel. Gerade, wenn sie auf einem Balkon stehen, der dem Wind ausgesetzt ist. Die einfachste Variante ist es, eine ca. 2 cm starke Styroporplatte bzw. Luftpolsterfolie unter den Pflanzenkübel zu stellen. Ich habe immer eine Kiste im Keller zu stehen, worin ich die Luftpolsterfolie lagere, die dann als Winterschutz zum Einsatz kommt. So brauche ich nicht unter Zeitdruck anfangen zu suchen, wenn Frost angesagt ist.
4. Frostschutz für Äste und Blätter
Um auch die Blätter und Äste der Pflanze vor zu schneller Abkühlung und den dadurch entstehenden Frostschäden zu schützen, eignen sich Hauben aus Vlies oder Jutesäcken. Diese werden vorsichtig von oben über die Pflanze gezogen und am Stamm mit einem Band geschlossen. Für die Pflanze ist dieser Schutz vor direkter Sonne und Kälte wie eine Schneedecke, wodurch der natürliche Rhythmus stabilisiert wird.
Bei sehr starken Frostperioden von unter -15˚C bietet Luftpolsterfolie auch für den oberirdischen Teil der Pflanze einen guten Schutz. Dafür muss sie aber sehr sorgfältig umwickelt werden, damit keine eisige Luft durchzieht. Sobald die Temperaturen aber wieder ansteigen, muss die Folie wieder entfernt werden, da sie durch die mangelnde Atmungsaktivität zu Fäule führen würde. Die Alternative Wintervlies ist atmungsaktiv und wasserdurchlässig.
5. Nicht alles runterschneiden!
Auf keinen Fall sollten Pflanzen kurz vor dem Winter zurückgeschnitten werden. Frische Schnittflächen setzen winterlichen Temperaturen keinen Schutz entgegen und sollte es in Folge des Rückschnitts sogar noch zu jungen Trieben kommen, würden auch diese Frostschäden zum Opfer fallen.
Die gängige Empfehlung ist, vertrocknete Blätter und schadhafte Zweige vor dem Winter sorgfältig zu entfernen, da diese „Schädlingen“ Unterschlupf bieten. Ich teile diese Meinung nicht. Ich freue mich über „Nützlinge“. Damit auch im nächsten Jahr die Nützlinge fleißig ihre Arbeit verrichten, können wir ihnen mit einigen Maßnahmen gut über den Winter helfen. Welke Stauden dürfen im Pflanzgefäß verbleiben, viele nützliche Insekten überwintern in den Stängeln. In dicken Stängeln befinden sich die Eiablagen einiger Wildbienen, an Wildstauden und Gräsern sitzen die Puppen so mancher Falter. Lasse als wertvolle Insektennisthilfe strukturstarke, hohle oder markhaltige Pflanzenstängel (z. B. von Brombeere, Königskerze, Disteln, Beifuss) stehen oder befestige sie z.B. mit Kabelbindern am Geländer oder Tischbein.
Schneidet Deine Pflanzen nicht herunter: Die Vögel naschen von den abgeblühten Sonnenblumen, den Samenständen der Wildblumen, den Samenständen Deines Grünkohls und Salates.
6. Anbau von Wintergemüse bzw. Gründüngung
Ist die Erde Eurer abgeernteten Pflanzgefässe nicht dem Wetter ausgesetzt, sondern mit Gründüngung, Rasenschnitt oder Laub bedeckt, schützt Ihr den Boden vor Auswaschung, Verdichtung und Windverwehung. Das wirkt sich günstig auf die Bodenstruktur aus. Mit Gründüngung haben die erwünschten Mikroorganismen Nahrung über den Winter.
Gängige Praxis ist, alle Balkonkästen und Pflanzgefässe vor dem Winter zu entleeren, die Erde wegzuschmeissen und im Frühjahr neue Erde zu kaufen. Manche Pflanzen sondern Stoffe in die Erde ab, die für andere Pflanzen schädlich sind (Stichwort Fruchtfolge) und zum anderen kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich während des Winters Schädlinge wie Fliegen in der alten Erde einnisten und Deine neuen Pflanzen beschädigen. Ich teile nicht diese Ansicht. Ich lockere im Frühjahr die Erde auf, entnehme grobe Wurzelstücke und peppe die Erde mit Kompost bzw. Wurmhumus auf. Siehe hierzu den Blog 5 Wege, Kraft in die alte Balkonkastenerde zu bekommen, ohne jährlich neue Erde zu kaufen. Ausgeleerte Pflanzgefässe können gründlich ausgebürstet und an einem trocknen sauberen Ort aufbewahrt werden, muß aber nicht sein.
Wer seinen Balkon nicht komplett winterfest machen möchte: Schaut dieses tolle Video von Annette Hopfes von „Die Kleingärtnerei“ über WINTERGEMÜSE auf dem Balkon an. Ganz viele Tipps und hervorragende anschauliche Bilder. Sehr beeindruckend ist ihr aktueller Anbau mit Wintergemüse auf dem Balkon und im Garten.
Hier die besten Bücher für Winteranbau in unseren Breitengraden vom Experten Wolfgang Palme (Experte in den Bio-Balkon Kongressen 2017 und 2020), der lange Jahre dazu geforscht hat.
8 Antworten
Liebe Birgit,habe eben Deinen Artikel gelesen und mich an den schönen Bildern erfreut. Mein Balkon habe ich schon abgeräumt.Die PFLANZEN die überwintern sollen an die Hauswand gestellt. Die HORTENSIE muß ich noch etwas einpacken. Die Dolten schneide ich erst im Frühjahr ab, richtig?Herzl.Grüße Helga
Liebe Helga, Hortensien werden Ende Februar bis März geschnitten. So kann man über den Winter noch die alten Blütenbälle geniessen, die im Wintergarten eine schöne Abwechslung darstellen. . Hier bei Lubera https://www.lubera.com/de/gartenbuch/hortensien-schneiden-p2679?gad_source=1&gclid=CjwKCAiA6byqBhAWEiwAnGCA4Nn5GUImYfiDeDSIgUXPecEWx3BWzyAGYHKKO3EjfcO-eciRpeVK3hoCBNAQAvD_BwE ist es gut erklärt. Es gibt verschiedene Arten von Hortensien. Liebe Grüße Birgit
Herzlichen Dank für die Infos. Ich habe einen schwarzen Johannisbeerbusch im Kübel auf meinem Balkon. In diesem Winter habe ich diesen an der Hauswand/Ecke abgestellt. Ich denke mit einem Flies werde ich die Krone abdecken. Reicht es über den Winter aus? Hast du bitte eine Tipp für meine Kräuter, sollte ich Tymian und Basilikum erst im Frühjahr zurück schneiden? diese beiden dehnen sich nicht mehr aus, habe sie in einem kleineren Balkonkasten , jede für sich vor Jahren eingepflanzt.
Soll ich sie überhaupt zurück schneiden. Herzlichen Dank liebe Birgit
Liebe Heidemarie, die Schwarze Johannisbeere mit ihren gesunden Früchten ist wunderbar frosthart. Du brauchst die Krone nicht mal mit einem Flies zu bedecken. Schaue im Winter ab und zu nach ihr, ob sie etwas Gießwasser braucht. Steht sie nicht unter einem Dach, wird der Regen ausreichen. Sie sollte regelmäßig geschnitten werden, das machst Du bestimmt. Thymian am besten im Frühjahr oder Sommer regelmäßig zurückschneiden. Er ist gut schnittverträglich und treibt dann umso buschiger aus. Zudem verholzen und vergreisen die Pflanzen dann nicht so schnell. Thymian kann draußen stehenbleiben, aber Basilikum ist nicht frosthart, der erfriert draußen. Das hast Du bestimmt gemacht, denn Du schreibst, Du hast jede vor Jahren eingepflanzt. Manche Basilikum-Sorten werden ja große Büsche, die muss man manchmal schon vorm Reinnehmen etwas zurechtschneiden, ansonsten auch im Frühjahr. Liebe Grüße Birgit
Ganz lieben Dank liebe Birgit für die Infos. Hab eine gesegente gute Zeit. Herzlichst Heidemarie
Liebe Birgit
Ich bin egeisterte Fanin von deiner Seite und deinen Büchern. Nur eine kleine Zusatzbemerkung:
Pflanzen mit dem lateinischen Namen officinalis sind nicht alle einheimisch. officinalis heisst, dass es sich um Heilpflanzen handelt, die in den Laborräumen von Apotheken verwendet wurden, den Offizin. So heisst der Salbei Salvia officinalis, Rosmarin Rosmarinus officinalis, aber auch officinale ist gebräuchlich wie Liebstöckel Levisticum officinale, Beinwell Symphytum officinale oder Jasmin Jasminum officinale.
Das Bild von der Schweizer Minze finde ich wunderschön. Da ich kein grosser Freund von Minzetee bin, freue ich mich mehr über die Blüten, denn ganz viele kleine Krabbeltiere finden die wunderbar. Liebe Grüsse Ute Studer
Liebe Ute, da habe ich mich voll verhauen, mir ist etwas anderes im Kopf herumgewirbelt. Danke, dass Du geschrieben hast, ich ändere es im Text. Officinalis deutet natürlich auf die Heilpflanze, vulgaris werden meist die nicht züchterisch veränderten Arten genannt, da sie genau so gewöhnlich in der Natur vorkommen. Es sind wichtige Begriffe im Pflanzennamen, die ich mir nun bestimmt merke. Danke. Liebe Grüße Birgit
Wie immer : Hilfreich, lehrreich und zauberhaft.
Ich lerne immer dazu! Danke für Deine Leidenschaft, Dein Liebe zur Natur… absolut ansteckend.
Liebe Grüße
Ingrid Leidel